Andreas Hager, Zahnarzt Burbach Wurzelbeandlung mit Operationsmikropskop

Ist die elektronische Längenmessung bei einer Wurzelbehandlung notwendig?

Im Vorfeld einer Wurzelkanalbehandlung wird Ihnen oft zur elektrischen Längenmessung geraten.

Für viele sind dieser Begriff und die Leistung, die damit verbunden ist, unbekannt. Dabei kann eine elektrische Wurzelkanalmessung, oft auch elektronische Längenmessung genannt, enorm viel dazu beitragen, dass Ihr Zahn erhalten bleibt.

Warum das so ist, möchte ich Ihnen hier erklären.

Endodontie oder Wurzelkanalbehandlung ist eine umfassende zahnärztliche Therapieform

Seit 2003 hat unsere Praxis einen anerkannten „Tätigkeitsschwerpunkt Endodontie“. Das bedeutet, wir können, zusätzlich zu unseren anderen Leistungsgebieten, eine spezielle einjährige abgeschlossene Ausbildung im Bereich „Wurzelkanalbehandlung“ nachweisen.

Eine mehr als 15-jährige Erfahrung und eine besondere technische Ausstattung für diesen Behandlungsbereich versetzen uns in die Lage, weit überdurchschnittliche Ergebnisse und Erfolge bei der Erhaltung von Zähnen mittels Wurzelbehandlung zu erzielen.

Präzise und effizient aufeinander abgestimmte Behandlungsschritte ermöglichen in über 90% aller Behandlungsfälle eine Rettung des Zahns. Ein wichtiger Baustein im Gesamtkonzept unserer Wurzelkanalbehandlungen ist die elektrische Längenbestimmung der Wurzelkanäle.

Entzündete Zahnwurzel braucht eine umfängliche Reinigung

Zum Verständnis: bei der Wurzelbehandlung muss das entzündete oder bereits abgestorbene Weichgewebe bis exakt zum Ausgang der Kanäle an der Wurzelspitze hin entfernt werden. Die Wurzelspitze wiederum grenzt an den Kieferknochen.

Um die Wurzelspitze zu erreichen, wird von der Kaufläche her ein Zugang in den Zahn hinein geschaffen. Nach dem Auffinden der Kanaleingänge müssen diese feinen Hohlraumstrukturen nun zunächst schrittweise erweitert und in die Tiefe hinein verfolgt werden, bis man schließlich möglichst exakt am Ausgang des Wurzelkanals angekommen ist.

Da der Zahnarzt nur von oben auf den winzigen Kanaleingang schauen kann, ist es annähernd unmöglich, bis in die extrem feine Wurzelspitze zu blicken. Zwar kann ich durch die Verwendung eines Dentalmikroskopes in einzelnen Fällen, bei extrem großen Kanälen, bis zur Wurzelspitze sehen. In den allermeisten Fällen ist das jedoch nicht möglich. Die exakte Länge einer Zahnwurzel ist somit mit dem Auge nicht zu bestimmen.

Wurzelkanalreinigung erfordert moderne Technik

Wie kann man nun also festlegen, wie tief die Reinigung zu erfolgen hat beziehungsweise wie lang die Wurzelkanäle denn nun wirklich sind?

Vor der Verfügbarkeit von elektrischen Längenmesseräten konnte die Aufbereitungslänge nur mit Hilfe von Röntgenbildern ermittelt werden.

Dabei ergaben sich aber folgende Schwierigkeiten:

  1. Kein Röntgenbild zeigt den Zahn in der tatsächlichen Größe! Durch die Projektionstechnik ist der Zahn auf dem Bild immer größer als in Wirklichkeit und kann zusätzlich verzerrt sein.
  2. Eine Krümmung der Wurzel wird auf dem Röntgenbild nur dann sichtbar, wenn die Krümmung nach rechts oder links vorliegt, nicht jedoch, wenn sie zum Betrachter hin oder vom Betrachter weg besteht (zweidimensionales Röntgenbild, aber dreidimensionaler Zahn!).
    Bei vorhandenen Krümmungen ist die Wurzel aber deutlich länger, als man denkt.
  3. Da die Wurzelkanäle meistens sehr fein, dazu oftmals stark verzweigt und gekrümmt sind, kann man sie selbst auf Röntgenbildern gar nicht, oder nur in einem Teil ihres Verlaufes, sehen.
  4. Die Ausgänge der Kanäle kann man auf Röntgenbildern nur ausnahmsweise einmal genau erkennen. Der Ausgang liegt oft nicht genau an der sichtbaren Wurzelspitze, sondern seitlich oder auch in der Höhe versetzt. Der Abstand zur Wurzelspitze kann dabei durchaus 2mm betragen
  5. Durch optische Überlagerungen mit benachbarten Strukturen (Zähne, Knochen, Kieferhöhle, Nervenbahnen …) fällt es oftmals schwer, den genauen Verlauf einer Zahnwurzel zu erkennen.

Und vergessen Sie dabei nicht: wir sprechen hier von Zentimetern und Millimetern. Die Länge des Wurzelkanals soll bei der Behandlung jedoch möglichst im Bereich von 10tel-Millimetern genau bestimmt werden!

Sie sehen also, dass diese Art der Längenbestimmung mit Röntgenbildern viele Schwierigkeiten in sich trägt. Daher kommt es oft vor, dass die Aufbereitungslänge entweder zu lang oder zu kurz gewählt wird.

Risiken der Wurzelkanalbehandlung

Es gibt unter anderem zwei Risiken bei einer Wurzelbehandlung, die jeder Zahnarzt fürchtet:

Der Wurzelkanal wird zu lang aufbereitet: In diesem Fall sind die Feilen, mit denen der Zahnarzt den Kanal weitet und aufbereitet, durch den eigentlichen Kanalausgang hindurch gedrungen und haben diesen vergrößert. Die Feilenspitze beschädigt dabei auch möglicherweise das Gewebe um die Wurzelspitze herum und es kann zum Hinauspressen von Bakterien in den Kieferknochen hinein kommen. Zudem ist es dann auch schwieriger, den nun vergrößerten Ausgang bei der Wurzelfüllung dicht zu verschließen. Das Risiko für einen Behandlungsmisserfolg steigt.

Der Wurzelkanal wird zu kurz aufbereitet: Hier sind die Feilen nicht ganz bis zum Ausgang des Kanals hin eingesetzt worden – meist aus Vorsicht, den Kanalausgang nicht zu beschädigen. Dadurch verbleibt wahrscheinlich ein Bereich in der Wurzelspitze, der noch voller Gewebe und möglicherweise auch Bakterien ist. Diese Reste können eine verbleibende Entzündung und ständige Infektion für den Knochen um die Wurzelspitze auslösen. Die ganze Behandlung wird in diesem Fall zum Misserfolg.

Um diese Risiken zu minimieren, wenden wir die elektrische Längenmessung an.

Wie kann die elektrische Längenmessung diese Risiken einer Wurzelbehandlung minimieren?

Das Messgerät wird über ein Kabel mit der Arbeitsfeile in Kontakt gesetzt. Ein weiteres Kabel wird über einen kleinen Drahtbogen an der Wange angelegt und stellt so die Erdung dar.

Während der Zahnarzt nun langsam die Feile in die Tiefe des Wurzelkanals einführt, misst das Messgerät – vereinfacht gesagt – den sich verändernden elektrischen Widerstand.

Je näher die Feilenspitze dem Ausgang des Kanals kommt, umso kleiner wird der Widerstand. Am Ausgang selbst sinkt der Widerstand dann plötzlich sehr stark ab. Genau diese Position zeigt das Messgerät dem Zahnarzt durch einen Signalton an. An der Eindringtiefe der Feile zu diesem Zeitpunkt wird dann die Aufbereitungslänge abgelesen.

Die Messung ist in den allermeisten Fällen vom Patienten überhaupt nicht zu spüren. Ganz selten habe ich erlebt, dass die Messung für den Patienten unangenehm war.

Die extrem hohe Zuverlässigkeit dieses Verfahrens und die hervorragenden Ergebnisse lassen uns diese kleine „Nebenwirkung“ jedoch als verschwindend gering bewerten.

Ich persönlich würde auf dieses Hilfsmittel nicht mehr verzichten können und wollen. Das Ergebnis von über 90% geretteter Zähne spricht für sich und auch für die elektrische Wurzelkanalmessung.

Leider ist dieses Messverfahren nicht Bestandteil der gesetzlichen Krankenversorgung. Private Krankenversicherungen übernehmen die Kosten regelmäßig und unkompliziert.