Brauchen Kinderzähne wirklich besonderen Schutz?
Ach was, Milchzähne…. Die fallen doch sowieso aus, wenn das Kind in die Schule kommt! Wozu die also besonders pflegen? Oder sogar deswegen regelmäßig zum Zahnarzt gehen?
So oder ähnlich ist landläufig noch häufig die Meinung, wenn das kindliche Frühgebiss zur Sprache kommt. Doch mittlerweile ist völlig klar, dass Milchzähne alles andere als vernachlässigbar sind.
Weshalb gerade diesen 20 Zähnchen solche Bedeutung zukommt und dass sie als gesunde Platzhalter für das bleibende Gebiss benötigt werden, davon handelt unser aktueller Artikel.
Zähne brauchen vom ersten Tag an richtige Pflege, insbesondere wenn Zahnzwischenräume vorhanden sind.
Schon beim Neugeborenen sind die Zähne in den Unter- und Oberkieferknochen angelegt. Und was viele nicht wissen: sowohl das kindliche Frühgebiss, die sogenannten Milchzähne, als auch die meisten bleibenden Zähne sind zu diesem Zeitpunkt schon im Aufbau.
Wenn die ersten Milchschneidezähnchen im Unterkiefer durchtreten, benötigen die Zähne regelmäßige und richtige Pflege. Manche Kinder kommen schon mit den ersten Zähnen im Mund zur Welt, bei anderen dauert es ein paar Monate. Diese Unterschiede sind völlig normal. Wir Zahnärzte empfehlen die Kontrolle in der Praxis ab den ersten Milchzähnen.
Dabei möchten wir kontrollieren, ob die Zähne und das Zahnfleisch gesund sind und wir können den Eltern auch Tipps zur Zahnpflege bei den Kleinkindern geben. Das Kind gewöhnt sich so frühzeitig an die Untersuchung und lernt, dass der Zahnarztbesuch etwas völlig normales ist. Auch Zahnfehlstellungen werden dadurch erkannt, sodass Gegenmaßnahmen zum richtigen Zeitpunkt eingeleitet werden können.
Später, wenn die meisten Milchzähne im Mund nebeneinander stehen, kommen zur Untersuchung auch die ersten Zahnreinigungen, Versiegelungen und Fluoridierungen hinzu. Bei gesetzlich versicherten Kindern sind diese Prophylaxe-Sitzungen vom 6. bis zum 18. Geburtstag alle 6 Monate vorgesehen. Privat Versicherte unterliegen keinen Alters-Beschränkungen.
Da 95% der krankmachenden und Karies erzeugenden Bakterien in den Zahnzwischenräumen sitzen und die Zahnbürste dort nicht hinkommen kann, wird die zahnärztliche Mitarbeiterin nach entsprechender Absprache bei unseren kleinen SOLO-Prophylaxe-Patienten die Interdentalräume behutsam reinigen. Und dabei den Eltern zeigen, wie sie zuhause diese Form der Prophylaxe täglich selbst bei ihrem Kind durchführen können.
Das ist die effektivste Methode, um die als Plaque organisierten Bakterien unschädlich zu machen und somit Karies (Löcher) und alle daraus folgenden Unannehmlichkeiten zu vermeiden.
Kauflächenkaries? Es geht auch ohne!
Gerade in der frühen Kindheit ist die Gefahr an Karies zu erkranken besonders groß. Süße Getränke und Speisen werden von Kindern bevorzugt und die Karies-Bakterien werden durch die häufige Zucker-Zufuhr besonders gut ernährt und vermehren sich entsprechend stark.
Da Kinder rein motorisch noch nicht in der Lage sind, ihre Zähne wirklich sauber zu putzen und sich auch oft ablehnend verhalten, wenn Eltern die Zähne des Kindes putzen wollen, wird die Putzroutine oftmals nachlässig gehandhabt. Hinzu kommt, dass einige Stellen durch das Putzen mit der Zahnbürste sowieso nicht erreichbar sind.
Zu diesen nicht erreichbaren Stellen gehören neben den Zahnzwischenräumen die sogenannten „Fissuren“. Das sind Furchen auf der Kaufläche, die besonders bei den hinteren Backenzähnen sehr ausgeprägt sind. Die Borsten der Zahnbürste können in diese engen Spalten nicht hinein gelangen.
Daher sind diese Stellen der ideale Rückzugsort für Bakterien, die dort jahrelang und unbemerkt den Zahn schädigen und tiefe Karies verursachen können. Eine Fissurenversiegelung bietet hier optimalen Schutz.
Bei dieser werden die Fissuren mit einem weißen Schutzlack versehen, der verhindert, dass Bakterien in die Fissuren gelangen können. Nach Reinigung der Furchen wird die Schmelzoberfläche mit einer Säurepaste leicht angeraut. Der Versiegelungskunststoff kann sich dann gut an der rauen Oberfläche verankern. Er wird flüssig aufgetragen, in die Furchen eingearbeitet und dann mit Licht ausgehärtet.
Es entsteht so eine abgerundete glatte Oberfläche, die gut mit der Zahnbürste gereinigt werden kann und Bakterien keinen Unterschlupf mehr bietet. Auf dem Zahn sieht man nur eine dünne helle Linie – auch um erkennen zu können, ob die Versiegelung noch intakt ist.
So geschützt und unterstützt durch eine regelmäßige professionelle Zahnreinigung gelingt es heute immer öfter, Kinder vor Zahnerkrankungen und nachhaltige Zahnschädigung zu bewahren.
Auch bei uns in der Praxis wenden wir dieses Verfahren mit großem Erfolg an.
Sinnvoll ist die Fissurenversiegelung überall dort, wo tiefe Furchen im Zahnschmelz vorhanden sind und das ist individuell sehr unterschiedlich. Gesetzliche Krankenversicherungen zahlen lediglich die Versiegelung der großen/hinteren Backenzähne und auch nur bis zum 18. Geburtstag.
Darüber hinaus kann es sehr nützlich sein, auch die Furchen und Grübchen der kleinen Backenzähne und mancher Schneidezähne zu versiegeln. Private Versicherungen machen hier keine Einschränkungen.
Zahnpflege und professionelle Zahnreinigung kann nicht früh genug beginnen.
Auch wenn viele der Meinung sind, dass Milchzähne keine besondere Pflege benötigen, weil sie ja sowieso ausfallen, zeigt die moderne zahnmedizinische Forschung und unsere mehr als 20-jährige Erfahrung, dass dem kindlichen Frühgebiss und den nach und nach durchbrechenden bleibenden Zähnen viel Beachtung geschenkt werden muss.
Erkrankte Milchzähne verursachen ebenso Schmerzen und Entzündungen wie erkrankte bleibende Zähne.
Wächst ein neuer bleibender Zahn neben einem erkrankten Milchzahn aus dem Kiefer, so ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass auch der neue Zahn sehr schnell von der Karies befallen wird. Und wenn ein Milchzahn lange vor dem Ablauf seiner eigentlichen Nutzungszeit entfernt werden muss, dann muss ein Lückenhalter getragen werden oder es droht ein Wandern der Nachbarzähne mit der Folge, dass später für nachkommenden bleibenden Zähne kein ausreichender Platz mehr vorhanden ist. Aufwendige kieferorthopädische Maßnahmen sind dann erforderlich.
Über die „Kassenleistungen“ hinaus bieten wir deshalb eine speziell auf Kinder abstimmte SOLO-Prophylaxe an, die von unseren eigens dafür ausgebildeten Prophlaxetrainerinnen Eltern und Kindern erklärt und anschaulich vermittelt wird. Kinder mit erhöhtem Kariesrisiko erhalten dann eine Intensivbetreuung, die alle 3 Monate durchgeführt wird.